Euroleague-Erweiterung wird für den FC Bayern zur teuren Herausforderung
Erste Nebenwirkungen der Euroleague-Expansion hat Gordon Herbert schon registriert. Die Spieler, so stellte der Weltmeistercoach fest, sind die Profiteure. „Die Gehälter“, sagte der 66-Jährige, „werden deutlich ansteigen. Für die Spieler ist das gut.“
Der Grund: Mit Dubai Basketball und Hapoel Tel Aviv drängen zwei Klubs in die bald 20 Teams umfassende Königsklasse, die mit üppigen finanziellen Mitteln operieren. Schon jetzt ist zu spüren, wie viel Bewegung über den Sommer auf dem Transfermarkt entstehen dürfte. Für den FC Bayern Basketball werden die Rahmenbedingungen im Wettbewerb um eine konkurrenzfähige Mannschaft dadurch noch anspruchsvoller, das ahnt auch Herbert.
Und, zweiter Punkt, nicht nur, dass das Ringen um Top-Spieler intensiver wird, es muss auch verstärkt in die Breite investiert werden. Denn beispielsweise kommt auf die Münchner eine Saison zu, die sich je nach Verlauf in Richtung 90 Pflichtspiele und mehr entwickeln kann. „Die Kader müssen hundertprozentig größer werden“, urteilt Herbert – und Aufbauspieler Justus Hollatz pflichtet bei: „Man muss einen tiefen Kader haben und die Tiefe des Kaders auch nutzen.“ Herausforderungen, ergänzt der 24-Jährige, „die das Management regeln muss.“
Mitten in den Playoffs um die deutsche Meisterschaft ist Sportdirektor und Bald-Sportgeschäftsführer Dragan Tarlac gefordert, an die Zukunft zu denken und sie zu entwickeln. Während das Team am Sonntag gegen Heidelberg in die Halbfinalserie startete, beim 90:95 auf der Mission Titelverteidigung überraschend stolperte und auch noch Devin Booker mit einer Knöchelverletzung verlor, läuft im Hintergrund das Kaderpuzzle.
„Das Final Four der Euroleague ist der Zeitpunkt, wenn die heiße Transferphase beginnt“, hatte der 52-Jährige der AZ gesagt. Vor einer Woche endete das Finalturnier in Abu Dhabi mit dem Triumph von Fenerbahce Istanbul und nun nimmt das Karussell rasant Fahrt auf.
Nick Weiler-Babb, der über eine Ausstiegsklausel bei Bayern über 700.000 Euro verfügen soll, wird mit Fenerbahce, Olympiakos Piräus und Monaco in Verbindung gebracht. Allesamt Top-Teams, deren Gehaltsdurchschnitt jenseits jenem der Münchner liegt. Umgekehrt vermuten Medien ein FCBB-Interesse am litauischen Aufbauspieler Rokas Jokubaitis (Maccabi Tel Aviv). Geklärt werden muss überdies, wie es mit Carsen Edwards, Booker oder Shabazz Napier weitergeht.
Dritter Faktor, der mit der Erweiterung einhergeht: Die Euroleague-Teilnehmer könnten nachlässiger mit der nationalen Liga umgehen. Schon jetzt hatten die Bayern gezwungenermaßen so manches Mal auf den ein oder anderen Star verzichtet und Niederlagen bei schwächeren Teams in Kauf genommen. Dieses Phänomen dürfte sich bei international 38 Hauptrundenspielen und 34 in der BBL eher verstärken. Die Bayern – kein Wunder – haben gegen die Expansion gestimmt. Ex-Bayern-Coach Andrea Trinchieri, derzeit bei Kaunas in Lohn und Brot, unterstreicht dies. „Jedes Team wird noch mehr zu kämpfen haben“, sagt der Italiener, der allein zehn Wochen erwartet, in denen zwei Euroleague-Spiele unter der Woche stattfinden müssen.
Die Entwicklung hilft zudem nicht, den Konflikt zwischen Euroleague, Weltverband Fiba und den nationalen Ligen bei der Spielplangestaltung beizulegen. Szenarien wie in dieser Saison, als der FC Bayern teils weniger als 48 Stunden Zeit hatte zwischen einem Euroleague- und dem nächsten BBL-Spiel, sind erneut zu erwarten und werden weiter Unmut erzeugen. Dazu schwebt das Damoklesschwert NBA Europe über der Szene.
Ab 2026 will der Ableger der populärsten Basketball-Liga der Welt an den Start gehen, die Expansion der Euroleague dürfte auch eine Reaktion darauf sein. Möglicher Lichtblick: Vor wenigen Tagen trafen sich Euroleague, Fiba und NBA Europe in Genf, um die Zukunft des europäischen Basketballs zu diskutieren.
Tarlac hat zu all dem eine klare Meinung: „Das Beste ist, gemeinsam voranzugehen. Europa hat schon jetzt zu viele Wettbewerbe, Europa sollte es einfach halten.“ Sonst gibt es auf lange Sicht vielleicht gar keine Profiteure.